Bei strahlendem Sonnenschein führt unser Weg von der S-Bahn-Station Bad Cannstatt zum Olympia Stützpunkt, dem Zuhause des Württembergischen Radsportverbands (WRSV). Hier begrüßt uns Gundolf Greule neben seinem Rad und mit bester Laune.
Zu Beginn unseres Interviews erzählt uns der Sportpädagoge von seinen derzeitigen Projekten. Ganz aktuell tourt die Aktion „radspass – sicher e-biken“ durch Baden-Württemberg. Im Rahmen dieser bietet der WRSV gemeinsam mit dem ADFC Fahrsicherheitstrainings auf E-Bikes und Pedelecs für Erwachsene an. Greule ist es wichtig, die Menschen zu sicherem Radfahren zu begeistern. Aus seiner Sicht bietet das Rad wie kein anderes Fortbewegungsmittel die Möglichkeit, die eigene Gesundheit zu fördern und gleichzeitig so einfach und schon von klein auf den meisten von uns zugänglich zu sein.
Radsicherheit und Training: Grundlagen für sicheres Fahren auf der Straße
Diesen motivierenden Worten lassen wir direkt Taten folgen und radeln los. Während der Fahrt kommen wir auf das wichtige Thema Radsicherheit zu sprechen, denn, so Greule, beim Fahrradfahren ist „unser Sportplatz die Straße“. Radfahrende sind durch fehlende Knautschzone und erhöhtes Verletzungsrisiko bei einem Unfall noch stärker auf ihre Umgebung sowie die anderen Verkehrsteilnehmenden angewiesen. Mit Blick auf die Unfallstatistik bei Radfahrenden plädiert Greule auch für einen stärkeren Fokus auf das Trainieren der motorischen Grundfähigkeiten. Hier gehört laut dem Experten mehr dazu, als nur das Gleichgewicht zu halten. Wichtige Bewegungsabläufe wie Bremsen, Auf- und Absteigen sowie Kurven sicher nehmen, sollten auch in fortschreitendem Alter immer wieder geübt werden, „wie bei jeder anderen Sportart auch“.Schon erreichen wir unseren zweiten Stopp, das Mercedes-Benz-Stadion, und bekommen noch mehr spannende Einblicke in die Arbeit des Radsportverbands. Dieser betreut und arbeitet mit über 300 Vereinen zusammen, die von Hobby- bis Spitzensport alle Interessen vertreten. Das trägt wiederum zum ambitionierten Vorsatz der Bundesrepublik sowie des Landes Baden-Württembergs bei, ein Fahrradland zu werden.
Ein Projekt des WRSV, das Greule besonders am Herzen liegt, sind die Aktionstage „RadHelden“. Hier werden Kinder durch Parcours-Trainings an den Schulen auf die motorischen Anforderungen beim Radfahren im Straßenverkehr spielerisch vorbereitet. Neben den Lehrer:innen werden auch die Eltern mit in die Verantwortung genommen, dass ihr Nachwuchs richtig Radeln lernt. Es geht um einen Bildungsauftrag, der sich nachhaltig auch auf unser gesellschaftliches Miteinander auswirken soll. Gemeinsam machen wir uns auch schon auf den Weg zum Ziel der heutigen Tour, dem Cannstatter Wasen. Der Abbau des jährlichen Frühlingsfests ist noch in vollem Gange, löst aber bei Greule keine große Trauer aus. Er zieht eine Radtour im Grünen dann doch einem Besuch im Festzelt vor.
RadHelden: Spielerische Verkehrserziehung für die jüngsten Radfahrer
Uns interessiert wie Greule die Veränderungen in der Radmobilität innerhalb seiner Schwarzwälder Heimat Bad Teinach-Zavelstein wahrnimmt. Durch seinen Sitz im dortigen Gemeinderat hat er dazu Eindrücke aus erster Hand und zieht positive Bilanz: „Die Kommune macht sehr viel mittlerweile dafür, nicht nur im Radwegebereich sondern vor allem auch in der Motivation ihrer Bevölkerung“. Und das scheint offensichtlich Früchte zu tragen. Die Gemeinde hat es bei der Aktion Stadtradeln, bei welcher alle Bürger:innen gemeinsam Kilometer „erradeln“, auf stolze 13.000 Kilometer gebracht – und das bei einer Bevölkerungsanzahl von 140.
E-Bikes: Revolutionäre Entwicklung oder Ergänzung zum klassischen Radfahren?
Ein positiver Trend ist also erkennbar, aber wie sieht Greule die Zukunft der Mobilität? In der stetig wachsenden Beliebtheit der E-Bikes sieht er eine „echte Revolution“, die gekommen ist, um zu bleiben. Dafür bieten elektrisch angetriebene Fahrräder ihren Besitzer:innen einfach zu viel Komfort und Sicherheit. Dennoch gibt Greule Entwarnung für eine potentielle Ablöse des klassischen Fahrrads durch die elektrisch betriebene Konkurrenz. Beim Selbst-in-die-Pedale-treten überwiegen immer noch zu sehr die Vorteile für Fitness und Gesundheit.
Wichtig ist dem Experten zum Schluss noch zu betonen, dass er die Einfachheit eines Fahrrads so schätzt, die bei einem E-Bike, trotz all seiner Vorteile, leider verloren geht. Denn, wenn hier mal was kaputt geht, „so einfach reparieren kann man das nimmer“.